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Feuchte und Klima

Einleitung

Zu behaglichem Wohnen und einer förderlichen Arbeitsumgebung gehört nicht nur eine angenehme Raumlufttemperatur. Auch die Luftfeuchtigkeit spielt eine Rolle für unser Wohlbefinden in Räumen. Kälteempfinden in der Nähe der Gebäudehülle, wie beispielsweise direkt neben schlecht gedämmten Fenstern oder Glasfassaden wird durch Strahlungswärmeverluste des menschlichen Körpers ausgelöst und beeinflusst die gefühlte Temperatur im Raum. Kaltluftabfall an den raumseitigen Oberflächen der Aussenhülle des Gebäudes löst unangenehme „Zugluft“-Erscheinungen aus. Moderne Hochleistungsgläser helfen, solche Effekte zu vermeiden. Allerdings ist das Behaglichkeitsempfinden stark von der subjektiven Wahrnehmung der Nutzer abhängig. Trotzdem können für ein Raumklima zumindest Bereiche definiert werden, in deren Grenzen sich die meisten Nutzer wohl fühlen. Um die Gesundheit der Bewohner zu schützen und die Bausubstanz eines Gebäudes zu erhalten, müssen Bauschäden durch Schimmelbildung und Durchfeuchtung vermieden werden. Wasser kann jedoch nicht nur in flüssigem Zustand eindringen, sondern innerhalb von Gebäuden an unerwarteten Stellen auch in grosser Menge durch Kondensieren aus feuchter Luft entstehen.

Deshalb muss sich bereits der Planer eines heutigen luftdicht gebauten Gebäudes mit dem Thema Feuchteschutz auseinandersetzen. Die bauphysikalischen Qualitäten der Gebäudehülle lassen sich später kaum noch nachbessern. Klimagerechtes Bauen erfüllt die drei Kernforderungen:

  • Mensch und Tier, Produktionen und Lagergut vor Witterung zu schützen
  • Ein für die Bedürfnisse der Nutzerangemessenes Raumklima zu schaffen
  • Klimabedingte Schäden am Gebäude zu vermeiden.

Dieses Kapitel behandelt Grundbegriffe und Kenngrössen zum Thema Feuchteschutz, erläutert die Klimabedingungen für Behaglichkeit sowie Tauwassererscheinungen an Isoliergläsern und die wichtigsten Grundregeln zum Thema Lüften.

Begriffe, Symbole, Einheiten

Symbol

Bezeichnung

Bedeutung

Einheit

Φ

Phi

Relative Luftfeuchte

%

Φsi,cr

Phi

Kritische relative Luftfeuchte an raumseitigen Oberflächen

%

fRsi

F-Faktor

Temperaturfaktor

fRsi, min

F-Faktor

Erforderlicher Mindesttemperaturfaktor

Luftfeuchtigkeit und Kondensation

Die Luft, die unsere Erde umgibt, ist ein Gemisch aus verschiedenen Gasen. Zum weitaus grössten Teil besteht sie aus Stickstoff und Sauerstoff. Hinzukommen andere Gase in kleinen und kleinsten Mengen, wie das Edelgas Argon oder Kohlendioxid. Auch Wasserdampf, d. h. gasförmiges Wasser, ist im Gasgemisch unserer Erdatmosphäre enthalten.

Der gesamte Luftdruck, also die Gewichtskraft der Luftsäule über der Erdoberfläche, setzt sich additiv aus den Partialdrücken der einzelnen Luftbestandteile zusammen. Der Partialdruck entspricht dem Druck, den die einzelne Gaskomponente bei alleinigem Vorhandensein ausüben würde. Die Einheit des Luftdrucks ist Pascal, 1 Pa = 1 N/m2. Meist wird der Luftdruck in Hektopascal angegeben, 1 hPa = 100 Pa.

Luftfeuchtigkeit bezeichnet den Gehalt von Wasserdampf in der Luft. Umgangssprachlich werden unter Wasserdampf meist sichtbare Dampfschwaden, Nebel und Wolken verstanden. Das sind jedoch bereits kondensierte feine Wassertröpfchen, die in der Luft schweben. In Wissenschaft und Technik wird mit Wasserdampf der gasförmige Zustand von Wasser bezeichnet. Gasförmiges Wasser ist unsichtbar.

Durch den Vorgang der Kondensation wird Wasserdampf wieder flüssig. Umgekehrt wird flüssiges Wasser durch Verdampfen zu gasförmigem Wasserdampf. Um die flüssige Phase verlassen zu können, brauchen Wassermoleküle ausreichend Energie zur Überwindung der molekularen Kohäsionskräfte und der Oberflächenspannung. Bei höheren Temperaturen schaffen es mehr Teilchen, in die gasförmige Phase zu wechseln, weil die Kohäsionskräfte und die Oberflächenspannung mit steigender Temperatur abnehmen. Deshalb steigt mit zunehmender Temperatur die Wasserteilchendichte im Gasvolumen. Beim Sättigungsdampfdruck (auch Gleichgewichtsdampfdruck) befinden sich die flüssige und die gasförmige Phase im Gleichgewicht. Der Wert des Sättigungsdampfdrucks ist von der Temperatur abhängig.

Als Mass für die in einem Luftvolumen bei einer bestimmten Temperatur enthaltene Menge an Wasserdampf – d. h. für die absolute Luftfeuchte – wird häufig die Wasserdampfdichte in g/m3 angegeben. In der Bauphysik wird üblicherweise der Wasserdampf-Partialdruck verwendet.

Trägt man den Maximalwert des Wasserdampfes in g/m3, den Luft bis zur Sättigung aufnehmen kann (oder den Sättigungsdampfdruck von Wasser) als Kurve über der Temperatur auf, erhält man die Taupunktkurve. Setzt man diese Kurve mit 100% gleich, lassen sich daraus die Kurven der relativen Luftfeuchte in Abhängigkeit von der Temperatur ableiten. Die relative Luftfeuchte Φ, ein Wert in %, gibt an, wieviel der maximal möglichen Wasserdampfmenge bereits in der Luft enthalten sind (bzw. wieviel % des Sättigungsdampfdrucks bei einer bestimmten Temperatur erreicht sind, d. h. das Verhältnis vom Wasserdampfpartialdruck zu Sättigungsdampfdruck).

An den Kurven kann abgelesen werden, wieviel Gramm Wasser bei einer bestimmten relativen Luftfeuchte und Temperatur in einem Kubikmeter Luft enthalten sind (bzw. welcher Wasserdampfpartialdruck an dieser Stelle erreicht ist). Weil Gramm Wasser pro m3 Luft anschaulicher sind als die Angabe eines Druckes, ist in der nachfolgenden Abbildung die Wasserdampfdichte aufgetragen.

Taupunktdiagramm

Praktische Beispiele für diese Zusammenhänge:

  • Wird die Luft in einem Raum durch Stosslüften gegen kalte Luft ausgetauscht, die dann ohne Zufuhr oder Entnahme von Wasserdampf erwärmt wird, sinkt ihre relative Luftfeuchtigkeit. Bei höherer Temperatur kann sie eine grössere maximale Menge Wasserdampf aufnehmen.
  • Umgekehrt gilt: Wird im Sommer bei grösster Mittagshitze der kühle Keller gelüftet, kühlt die warme Aussenluft im kühleren Keller ab und wird dadurch relativ gesehen feuchter. Steigt die relative Luftfeuchtigkeit über die Taupunktgrenze, schlägt sich Tauwasser im Kellerraum nieder, er wird zunehmend feuchter statt trocken.
  • Auch die eiskalte Bierflasche kühlt Raumluft lokal ab, ebenso wie die kalte Brille, wenn man im Winter von draussen hereinkommt. Ohne dass zusätzlich Wasserdampf zugeführt wird, steigt angrenzend an die kalte Stelle die relative Luftfeuchtigkeit rasant an. Wird 100 % relative Luftfeuchtigkeit erreicht, bildet bei weiterer Abkühlung der überschüssige Wasserdampf auf der kalten Oberfläche Tautropfen.

Die Taupunkttemperatur gibt diejenige Temperatur einer Oberfläche an, bei deren Unterschreitung der im angrenzenden Luftvolumen enthaltene Wasserdampf zu kondensieren beginnt und sich auf der Oberfläche Tautropfen bilden bzw. bei saugfähigen Materialen die Durchfeuchtung steigt.

20°C und 50% relative Luftfeuchte kennzeichnen das so genannte Normklima (DIN 4108-3), mit dem meistens gerechnet wird. Beim Normklima ist die kritische Oberflächentemperatur für Kondensation (Taupunkttemperatur TDP, (DP = dew point)) 9,3 °C.

Schimmelpilze sind als Sporen überall in der Luft vorhanden. In der freien Natur spielen Schimmelpilze eine wichtige Rolle bei der Zersetzung von organischem Material zu Humus. In Innenräumen auf Wänden und Bauteilen stellen sie jedoch ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar. Sie können allergische Reaktionen auslösen, Atemwege und Haut schädigen und diverse Befindlichkeitsstörungen verursachen. Damit die Sporen von Schimmelpilzen auskeimen und weiterwachsen können, benötigen sie ein Substrat sowie über einen gewissen Zeitraum eine relative Luftfeuchte von mind. 80%. Bei der Abkühlung von Luft an kalten Oberflächen sind 80% relative Luftfeuchte logischerweise früher erreicht als 100 %. Das bedeutet, dass die Grenztemperatur für Schimmelpilzwachstum höher liegt als die für Tauwasser. Unter Normklimabedingungen (20/50) ist die Schimmelpilzgrenze bereits bei 12,6°C erreicht (DIN 4108-3).

Zur Vermeidung von Tauwasser darf an keiner Stelle einer Bauteiloberfläche die relative Luftfeuchte von 100 % erreicht werden. Zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung darf an keiner Stelle die relative Luftfeuchte von 80 % erreicht oder überschritten werden. Zur Vermeidung von Baustoffkorrosion kann es weitere Vorgaben für maximal zulässige Oberflächenfeuchten geben.

Kritische relative Luftfeuchten an Bauteiloberflächen:

  • Für die Bildung von Tauwasser Φsi,cr = 100 % rel. LF entspricht bei Normklima 9,3 °C
  • Für die Bildung von Schimmel Φsi,cr = 80 % rel. LF entspricht bei Normklima 12,6 °C

Weicht ein individuelles Klima vom Normklima (DIN 4108-3) ab, gelten zwar immer noch die Vorgaben für kritische Luftfeuchten an Bauteiloberflächen. Es ergeben sich jedoch andere Werte für die kritischen minimal zulässigen Oberflächentemperaturen. Bei individuellen Raumklimabedingungen kann die kritische Mindesttemperatur einer raumseitigen Oberfläche Tsi,min entweder im Einzelfall berechnet oder näherungsweise mit Hilfe der Tabellen A.1 und A.2 der DIN 4108-3 bestimmt werden. Für ein individuelles Raumklima mit z. B. 60 % relativer Luftfeuchte und 21 °C Raumtemperatur erhöht sich die Schimmelpilzgrenze auf 16,5 °C, und die Taupunkttemperatur beträgt 13°C.

Das individuelle Raumklima wird durch die Belüftung und die Beheizung des Raumes bestimmt. Auch sonstiges Nutzerverhalten spielt eine Rolle, z. B. wie viele Personen in den Räumen sind, Zimmerpflanzen, die Art der Möblierung, Kochen, Wäschetrocknen in den Wohnräumen usw. Das Aussenklima ergibt zusammen mit dem Raumklima die Klimarandbedingung.

Aus den Vorgaben für die einzuhaltenden kritischen relativen Luftfeuchten Φsi,cr ergeben sich die notwendigen Mindesttemperaturen für die raumseitigen Oberflächen. Zusammen mit den Klimarandbedingungen folgt daraus der erforderliche Mindestwärmeschutz für die thermische Gebäudehülle.

Der Temperaturfaktor f

Von der warmen Raumluft bis hin zur kalten Temperatur der Aussenluft entsteht in der Aussenhülle von beheizten Gebäuden ein Temperaturgefälle. Dabei ist die Oberflächentemperatur auf der Aussenseite z.B. eines Fensters höher als die Aussenlufttemperatur. Umgekehrt ist die Temperatur auf der raumseitigen Oberfläche niedriger als diejenige der Raumluft. Ein gut dämmendes Bauteil hat raumseitig eine hohe, nahe bei der Raumluft liegende Oberflächentemperatur. Bei schlechter Dämmung ist die Oberflächentemperatur durch den grossen Wärmeverlust nach draussen schon deutlich abgesunken. Abgesehen davon, dass die verloren gehende Wärme mit hohen Energiekosten ständig nachproduziert werden muss, ist so ein schlecht dämmendes Bauteil auch von Nachteil für Komfort und Hygiene: Man hält sich nicht gerne in der Nähe von kalten Oberflächen auf, da sie Zugluftempfinden hervorrufen. Und auf kalten Oberflächen kann sich Tauwasser aus der Luft niederschlagen, das auf Dauer zu Schimmel führt. Schimmel kann auf Oberflächen bereits ab einer relativen Luftfeuchte von 80% wachsen.

Die Fähigkeit eines Bauteils zur Wärmedämmung wird durch den U-Wert beschrieben. Will man jedoch den Feuchteschutz beurteilen, reicht der U-Wert alleine nicht aus, weil er als gemittelter Wert über die gesamte Bauteilfläche nichts über lokale Störstellen aussagt. Hierfür wird die Aussage benötigt, welche tiefste Temperatur raumseitig an welcher Stelle eines Bauteils erreicht wird.

Die zweidimensionale Berechnung eines Fensterquerschnitts nach SN ISO EN 10077-2 liefert als Ergebnis neben dem Wärmestrom auch den Temperaturverlauf. Am Rahmen und an der Glaskante lassen sich die Oberflächentemperaturen ablesen, die sich unter den vorgegebenen Rechenbedingungen (raumseitig 20 °C, aussenseitig 0 °C) ergeben. Bei Fenstern findet sich die tiefste raumseitige Oberflächentemperatur Tsi,min in der Regel im Bereich der Wärmebrücke am Glasrand.

Im Praxisfall ist der Wert der niedrigsten Oberflächentemperatur nicht nur von den Dämmqualitäten des Bauteils abhängig, sondern auch von den jeweiligen Randbedingungen für Raumluft- und Aussentemperatur. Je kälter es draussen ist, umso tiefer sinkt die raumseitige Oberflächentemperatur. Damit nicht jeder Fall neu berechnet werden muss, wurde der dimensionslose Temperaturfaktor geschaffen.

Der Temperaturfaktor fRsi setzt den Abstand zwischen niedrigster Oberflächentemperatur und Aussentemperatur zur gesamten Temperaturdifferenz zwischen Raum- und Aussenluft ins Verhältnis. Wurde gemäss SN EN ISO 10077-2 bei Ti = 20°C und Te = 0°C mit zweidimensionaler Wärmestromberechnung eine niedrigste Oberflächentemperatur von 14 °C ermittelt, errechnet sich daraus der Temperaturfaktor 0,7, d. h. von der gesamten Differenz zwischen Innen- und Aussentemperatur sind an der raumseitigen Oberfläche noch 70 % bis zum Erreichen der Aussentemperatur vorhanden.

Mit diesem einmal ermittelten f-Faktor eines Bauteils kann nun die niedrigste Oberflächentemperatur für jede andere Raum- und Aussentemperatur ausgerechnet werden.

Ist die Aussentemperatur niedriger, sinkt die Oberflächentemperatur ab, bis wieder das gleiche Verhältnis erreicht ist. Beispiel: Raumtemperatur Ti = 20 °C und Aussentemperatur Te = -10 °C ergibt eine Differenz Ti – Te = 30 °C. Multipliziert mit dem f-Faktor 0,7 bzw. 70 % => 0,7 (20 – (-10)) = 21 °C als verbleibende Temperaturdifferenz von Bauteiloberfläche bis Aussentemperatur. Daraus resultiert als Wert für die Oberflächentemperatur Tsi,min = -10 °C + 21°C = 11°C.

Im Weiteren kann mit Hilfe des f-Faktors das Tauwasser-Risiko beurteilt werden. Sinkt die Temperatur einer Oberfläche unter die Taupunkt-Temperatur (TDP) der sie umgebenden Luft, bildet sich an dieser Stelle Tauwasser. Jeder hat schon einmal an Fenstern bei tiefen Aussentemperaturen Kondensat entlang der raumseitigen Glaskante beobachtet – insbesondere, wenn herkömmliche Aluminium-Abstandhalter verwendet wurden.

fRsi      Temperaturfaktor
Ti         Innentemperatur – internal
Te        Aussentemperatur – external
Tsi,min Minimale Oberflächentemperatur innen – surface internal

Für ein Normklima gilt: Bei 20 °C Temperatur und 50 % relative Raumluftfeuchte beträgt die Taupunkttemperatur TDP =9,3°C. Ist die minimale Oberflächentemperatur Tsi,min höher, ist kein Kondensat zu erwarten. Schimmelbildung beginnt jedoch nicht erst bei Tauwasserausfall, sondern bereits bei ca. 80% rel. Luftfeuchte, was bereits bei einer Temperatur von 12,6 °C erreicht wird (Kapitel Luftfeuchtigkeit und Kondensation). Aus diesen beiden Grenztemperaturen errechnen sich gemäss DIN 4108-3 für die standardisierte Klimarandbedingung von -5°C aussen und +20 °C auf der Raumseite folgende f-Faktoren als Grenzwerte für die raumseitige Oberfläche:

Erforderliche Mindest-Temperaturfaktoren gemäss DIN 4108-3:

  • Zur Vermeidung von Tauwasserbildung fRsi,min = 0,57
  • Zur Vermeidung von Schimmelpilzbildung fRsi,min = 0,70

Allerdings sind nach SN EN ISO 13788 Fenster und Pfosten-Riegel-Konstruktionen von dieser Regel ausgenommen: an ihnen ist Tauwasserbildung vorübergehend und in kleinen Mengen zulässig, falls die Oberfläche die Feuchtigkeit nicht absorbiert und entsprechende Vorkehrungen zur Vermeidung eines Kontaktes mit angrenzenden empfindlichen Materialien getroffen werden.

Mit warmer Kante und Dreifach-Isolierglas im Fenster wird der Temperaturfaktor 0,7 jedoch in den meisten Fällen erreicht oder sogar übertroffen.

Formt man die Gleichung um, kann die niedrigste Aussentemperatur errechnet werden, bei der bei Normklima auf der Oberfläche mit einem gegebenen f-Faktor gerade noch kein Tauwasser auftritt, d. h. die Taupunkttemperatur TDP = 9,3 °C erreicht wird (bzw. 12,5 °C als schimmelkritische Temperatur):

Taupunktdiagramm

Dem nachfolgenden Diagramm kann die kritische Aussentemperatur, in Abhängigkeit der Raumtemperatur, der relativen Luftfeuchtigkeit und des U-Wertes der Verglasung entnommen werden, bei der Kondensat auf der inneren Oberfläche anfällt.

Raumklima und thermische Behaglichkeit

Je nach Aussenklimabelastung und Raumklimavorgaben ergeben sich ganz unterschiedliche Anforderungen an die Ausführung von Gebäudehüllen. Ziel des klimagerechten Bauens ist es, durch eine optimale Gebäudeauslegung über eine möglichst lange Zeit im Jahresverlauf ganz ohne Energieaufwand für Heizen oder Kühlen ein angenehmes Raumklima zu halten. Dort,wo zeitweilig geheizt oder gekühlt werden muss, soll dies möglichst effizient geschehen und das Gebäude im Winter gegen Wärmeverluste und im Sommer gegen übermässige Energiezufuhr geschützt werden.

Thermische Behaglichkeit bedeutet für Nutzer und Bewohner von Gebäuden, dass sie mit ihrem Umgebungsklima zufrieden sind.

Die thermische Behaglichkeit in Gebäuden wird von vielen Faktoren beeinflusst:

  • Raumklima: Raumlufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftbewegung, Luftqualität, Licht, Oberflächentemperaturen, Strahlungsaustausch, Schall-/ Lärmpegel
  • Nutzer: Bekleidung, Aktivitätspegel, sonstiges Verhalten
  • Aussenklima: Aussentemperatur, Niederschlag, Wind, Geräuschquellen

Da die Behaglichkeit individuell unterschiedlich empfunden wird, werden Bereiche angegeben, in denen die meisten Menschen mit dem Raumklima zufrieden sind. Die überlagerten Behaglichkeitsbereiche für Lufttemperatur und Luftfeuchte, die eng zusammenwirken, lassen sich in Diagrammen als Behaglichkeitsfeld darstellen.

Behaglichkeitsfeld: Raumluftfeuchte – Raumtemperatur

Die gefühlte Temperatur (Empfindungstemperatur) entsteht aus der kombinierten Wirkung von Raumlufttemperatur und den Oberflächentemperaturen der Raumumschliessungsflächen. Sind die Wände kalt, muss dies durch hohe Raumlufttemperaturen kompensiert werden. Umgekehrt können warme Wände in bestimmten Grenzen eine niedrigere Raumlufttemperatur ausgleichen.

Temperaturdifferenz zwischen Raumlufttemperatur und Oberflächentemperatur der raumseitigen Scheibe bedeutet

0 bis 5 °C
  • Höchster Wohnkomfort, auch in unmittelbarer Fensternähe
  • Kein unangenehmes Zugluftempfinden in Fensternähe
  • Schwitzwasser und Vereisungen auf der raumseitigen Scheibe nur in Ausnahmefällen möglich
  • Geringer Fremdwärmebedarf (Energieeinsparung)
5 bis 10 °C
  • Mittlerer bis guter Wohnkomfort
  • Leichtes Zugluftempfinden in unmittelbarer Fensternähe möglich
  • Schwitzwasser und Vereisungen auf der raumseitigen Scheibe sind bei Aussentemperaturen weit unter dem Gefrierpunkt möglich
  • Mittlerer Fremdwärmebedarf
über 10 °C
  • Verminderter Wohnkomfort
  • Zugluftempfinden in Fensternähe
  • Schwitzwasser und Vereisungen auf der raumseitigen Scheibe sind bereits bei Temperaturen leicht unter dem Gefrierpunkt möglich
  • Grosser Fremdwärmebedarf

Je grösser die Temperaturdifferenz zwischen Raumluft und Raumhüllflächen, desto unbehaglicher fühlen sich die Bewohner. Hochwärmedämmende Dreifach-Isoliergläser mit ihren nahe an der Raumlufttemperatur gelegenen Oberflächentemperaturen auf der Raumseite sorgen für besten Wohnkomfort. So ist auch in grosszügig verglasten Räumen im Winter an jeder Stelle ein angenehmer Aufenthalt möglich.

Oberflächentemperatur der raumseitigen Scheibe bei 20 °C Raumtemperatur, in Abhängigkeit von der Aussenlufttemperatur

Verglasungsart

Einfachglas

2-fach Isolierglas

2-fach Wärmedämm-Isolierglas

3-fach Wärmedämm-Isolierglas

Ug-Wert

5,8 W/m²K

3,0 W/m²K

1,1 W/m²K

0,7 W/m²K

Aussenlufttemperatur: 0 °C

+ 6 °C

+ 12 °C

+ 17 °C

+ 18 °C

Aussenlufttemperatur: - 5 °C

+ 2 °C

+ 11 °C

+ 16 °C

+ 18 °C

Aussenlufttemperatur: - 11 °C

- 2 °C

+ 8 °C

+ 15 °C

+ 17 °C

Aussenlufttemperatur: - 14 °C

- 4 °C

+ 7 °C

+ 15 °C

+ 17 °C

Behaglichkeit und Raumnutzung

Tauwasser und Glas

Bei einfach verglasten Fenstern war die winterliche Kondensatbildung auf der ganzen raumseitigen Glasfläche eine bekannte Erscheinung. War es draussen kalt genug, bildeten sich Eisblumen. Erst die Erfindung von Isolierglas mit einem hermetisch abgeschlossenen, allzeit trockenen Scheibenzwischenraum konnte dies verhindern.

Bildet sich bei Isolierglas Kondensat, muss zunächst geklärt werden, wo dies passiert: raumseitig, im Scheibenzwischenraum oder auf der Aussenseite. Für das Verständnis der Vorgänge ist Wissen um die physikalischen Grundlagen aus den vorangegangenen Abschnitten dieses Kapitels erforderlich.

Kondensat kann auftreten
a) auf der raumseitigen Oberfläche der Innenscheibe
b) an der Glaskante der Innenscheibe
c) auf der Aussenoberfläche der Aussenscheibe
d) im Scheibenzwischenraum

Fall a)
Auf der raumseitigen Glasoberfläche kommt bei modernen Isoliergläsern, insbesondere bei Dreifach-Wärmedämmgläsern praktisch kein Tauwasser mehr vor. Die Oberflächentemperaturen in der ungestörten Scheibenmitte sind so hoch, dass nur noch in ganz extremen Fällen bei sehr hohen Raumluftfeuchten in Kombination mit sehr niedrigen Aussentemperaturen Tauwasser entstehen könnte.

Fall b)
Der Randverbund einer Isolierglasscheibe stellt mit Abstandhalter und Sekundärdichtstoff eine leitende Verbindung dar und ist eine wärmetechnische Schwachstelle, insbesondere wenn konventionelle Abstandhalter aus Aluminium oder Stahl verwendet wurden. Deswegen kann es an der raumseitigen Glaskante bei höheren Raumluftfeuchten schon eher zu Tauwasserbildung kommen. Wärmetechnisch verbesserte Abstandhalter haben durch die Minimierung der Wärmebrücke einen sehr viel grösseren tauwasserfreien Bereich. Aber auch hierfür gibt es bei sehr ungünstigen Randbedingungen Grenzen. Ebenso wie für Fall a) gilt: Ist der f-Faktor der Konstruktion bekannt, lässt sich berechnen, bei welcher Aussenlufttemperatur für die gegebene Raumlufttemperatur Kondensation beginnt. Raumseitige Kondensation auf Glasflächen oder an der Glaskante kann jedoch auch andere Gründe haben: Fenster müssen heute luftdicht eingebaut werden. Ohne vernünftige Lüftungskonzepte führen luftdichte Gebäude rasch zu einer Erhöhung der Raumluftfeuchten und damit früher zu Tauwasser. Auch konstruktive Fehler bei der Planung können eine Tauwasserproblematik noch verschärfen.

Fall c)
Kondensat auf der Aussenseite einer Isolierglasscheibe ist der physikalische Beweis für ihre gute Dämmleistung – auch wenn das Tauwasser an dieser Stelle stört, weil es die freie Durchsicht behindert. Es ist dann übrigens auch auf der Aussenwand vorhanden, nur dort ist es nicht so sichtbar. Der Grund liegt darin, dass die unverschattete Aussenscheibe und die Aussenwände an den klaren Nachthimmel Wärmestrahlung aussenden und wegen ihrer guten Dämmung aus dem Gebäudeinnern nicht „nachgeheizt“ werden. Dadurch kann ihre Oberflächentemperatur unter die Taupunkttemperatur der Aussenluft sinken. Schräg eingebaute Verglasungen wie Dachflächenfenster sind von dem Effekt stärker betroffen als senkrechte Scheiben, ähnlich wie bei einem Auto die Frontscheibe. Will man die Scheiben nicht durch Fensterläden verschatten, kann eine Aussenbeschichtung helfen, weil dies die Abstrahlung verhindert.

Fall d)
Im Scheibenzwischenraum eines fabrikneuen Isolierglases herrscht absolute Trockenheit, mit einer Taupunkttemperatur von kleiner als -60 °C. Tauwasser ist also praktisch nicht möglich. Bildet sich bei Isolierglas dennoch Tauwasser im Scheibenzwischenraum, ist es kaputt. Der Randverbund ist nicht mehr dicht und das Trockenmittel ist gesättigt. Die Scheibe kann nicht mehr repariert werden.

Lüftung

Richtiges Lüften reduziert die Gefahr von Feuchteschäden in Gebäuden und beugt damit gesundheitlichen und bauphysikalischen Problemen vor.

Auf Grund höherer energetischer Anforderungen werden die Gebäudehüllen heute dicht ausgeführt. Die Lüftung durch Leckagen ist nicht mehr vorhanden. Deshalb gewinnt die kontrollierte und bewusste Lüftung immer mehr an Bedeutung. Ein Lüftungskonzept muss den Luftwechsel unter Berücksichtigung möglichst geringer Energieverluste durch andere Massnahmen sicherstellen. Die Norm DIN 1946-6 legt fest, ob lüftungstechnische Massnahmen notwendig sind und beschreibt, wie ein Lüftungskonzept bestimmt werden muss. Sie stellt konkrete Anforderungen an den Mindestluftwechsel zur Sicherstellung einer nutzerunabhängigen Lüftung. Die Verantwortung dafür liegt beim Planer, also beim Architekten, beim ausführenden Unternehmer oder Handwerker. 

Lüftungskonzepte lassen sich insbesondere im Bereich der Altbausanierung gut mit dezentralen, ins Fenster integrierten Lüftungssystemen umsetzen (Luftdurchlässe bzw. Überströmöffnungen, Fensterbanklüfter, Aufsatzelemente, Fensterfalzlüfter, beschlagsgeregelte Lüfter, ventilatorbetriebene Lüftungsgeräte, mit oder ohne Wärmerückgewinnung, manuell, automatisch oder sensorisch geregelt).

Natürlich sollte auch der Nutzer dafür sorgen, dass zum Abführen von Feuchte, Geruchs- und Schadstoffen nach draussen und Versorgung mit Frischluft regelmässig gelüftet wird. Am besten geschieht dies durch Stoss- oder Querlüftung. Dabei wird die warme, feuchte Raumluft ohne Auskühlen der Raumumhüllung und der darin enthaltenen Gegenstände rasch und komplett gegen kalte Luft getauscht. In einem Gebäude ohne Lüftungsanlage ist regelmässiges Lüften unabdingbar.

Zwangsentlüftung

Baumängel wie undichte Fenster, Türen und Wandabschlüsse führten früher zu einer unkontrollierten Zwangsentlüftung, hohe Energieverluste waren die Folge.

Dauerlüftung

Bei Spaltlüftungen – z.B. Fenstern, die dauernd in Kippstellung stehen – wird Energie vergeudet, Luft nicht komplett ausgetauscht. Möbel und Wände werden extremen Temperaturwechseln ausgesetzt.

Stosslüftung

Die wesentlich effektivere Art die Raumluft auszutauschen. Der Fensterflügel wird dabei komplett geöffnet und die Luft innerhalb von ca. 10 Minuten ausgetauscht. Dadurch, dass der Luftaustausch sehr schnell stattfindet, tritt keine Auskühlung der Bauteile auf.

Querlüftung

Zehn Minuten Querlüftung durch zwei gegenüberliegende, offene Fenster ist die beste Art des Lüftens. Die gesamte Raumluft wird ausgetauscht, die gespeicherte Wärme in den Wänden und Böden heizt die frische Luft ohne grosse Verluste schnell wieder auf.

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